EMDR Traumatherapie

EMDR (Englisch: Eye Movement Desensitization and Reprocessing) ist eine besondere Form der Psychotherapie. Der Grundgedanke dieser Art der Behandlung basiert auf der Annahme, dass Menschen durch ihre natürliche Fähigkeit, Informationen zu verarbeiten, traumatische und belastende Erlebnisse überwinden können. EMDR ist eine anerkannte Psychotherapieform zur Behandlung von Traumafolgestörungen und gilt laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) als eine der effektivsten Behandlungsmethoden bei Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS). Mit dieser Methode können auch Folgen von psychischen Traumata behandelt werden, wie Depressionen, Angststörungen, akuten Belastungsstörungen, traumatischer Trauer, Verlusterlebnisse, Versagensangst, somatoformen Störungen und chronischen Schmerzen. Die Ursachen von Traumata sind vielseitig.

Was ist ein Trauma?

Als Trauma (seelische Verletzung) bezeichnet man eine starke psychische Erschütterung ausgelöst durch ein massiv einschneidendes Ereignis. Es sind Ereignisse die uns überwältigen, Ereignisse die wir kaum aushalten können, in denen wir um unser Leben fürchten, uns bedroht, uns ausgeliefert und handlungsunfähig fühlen. Die Gefühle, die wir im Zusammenhang mit diesem Trauma, dieser Bedrohung, abgespeichert haben begleiten uns und das vielleicht unser Leben lang. Wir reagieren in harmlosen Situationen evtl. „übertrieben“. Reagieren schneller emotional oder körperlich belastet, gestresst, angespannt und unsicher auf Situationen wo eigentlich keine Gefahr herrscht.

Folgestörungen

Da jeder Mensch ein ganz individuelles inneres Erleben und ganz unterschiedliche Ressourcen und Verarbeitungsmechanismen zur Verfügung hat, um mit seelischen Belastungen umzugehen, zeigen sich Folgeerscheinungen auch auf ganz unterschiedlichster Weise.

Traumatische Erlebnisse können sich somit in ganz unterschiedlichen Formen zeigen. In Form von Panikattacken, Ängsten, Depressionen, Schlafstörungen, Alpträumen, Suchtverhalten, immer wiederkehrenden angsterfüllenden Erinnerungen (Flashbacks), Dissoziation, Bindungsunfähigkeit (kein Vertrauen in sein Gegenüber) und in Essstörungen.

Unerklärliche Symptome wie, innerlich starke Unruhe, ein Gefühl von innerlicher Betäubung, ständiges Gefühle der Überforderung, immer wieder schwankende, nicht kontrollierende und überwältigende Emotionen (Negativen sowie Positiven), Gefühle von innerer Leere, Verzweiflung, ständige Besorgnis, Zittern, gefühlte Hilflosigkeit, Erschöpfung, Konzentrationsstörungen und chronische Schmerzen können durch ein Trauma hervorgerufen werden.

Da Symptome erst Jahre später und schleichend auftreten können, sind uns die Zusammenhänge oftmals nicht klar. Vermeidlich ohne Grund treten unerklärliche körperliche und psychische Symptomen auf.

Entwicklungs- und Beziehungstrauma

Sind Traumen die von einem anderen Menschen verursacht wurden! Entwicklungstraumata haben ihren Ursprung in der frühen Kindheit. Es entsteht, wenn wir als Kind nicht das bekommen haben, was wir für eine gesunde, sichere und ausgeglichene Entwicklung brauchten. Es ist eine tiefgreifende seelische Verletzung, die aus einem langen Prozess von Gewalt in der Familie, Unterdrückung, Ignoranz, gefühlte Hilflosigkeit und aus dem Gefühl des „Ausgeliefert-Seins“ entsteht. Das Kind wurde über einen längeren Zeitraum wiederholt geistig-seelisch und/oder körperlichen Einflüssen ausgesetzt, die es verängstigt, überfordert oder ihm das Gefühl von Wertlosigkeit vermittelt hat. Dazu gehören Eltern welche sehr streng oder gefühlskalt, zwanghaft, chaotisch, körperlich und mental abwesend, vernachlässigend (oder aber auch über-fürsorglich) , ablehnend oder demütigend dem Kind gegenüber waren. Eltern die suchtkrank oder psychisch krank waren. Eltern die oft Gewalt an Mitbewohnern oder am Kind selbst ausgeübt haben. Aber auch bei nicht genügender Bindung und Bindungsunterbrechungen (durch Krankenhausaufenthalte), Trennung der Eltern, Umzug können sich solche Traumata bilden. Da das Kind auf seine Umgebung/Eltern angewiesen ist, passt es sich an und entwickelt „Überlebensstrategien“ um mit den jeweiligen Situationen zurechtzukommen. Es lebt in einem ständig erhöhten Stresslevel und in einem ständigen Überlebensmodus. Dieser Modus verankert sich tief, wird später gar nicht mehr bewusst wahrgenommen und als Erwachsener erkennen wir diesen nicht mehr als solchen. Doch sind es oft diese als Kind gelernten Überlebensstrategien, die uns daran hindern, als Erwachsener, ein erfülltes und ausgeglichenes Leben zu führen. Den Menschen die solche Traumata erlebt haben fällt es schwer und es ist ihm oftmals nicht möglich anderen zu vertrauen. So wächst stetiges Misstrauen. Rückzug, aber auch Aggressivität, anderen und sich selbst gegenüber, ist eine Form seiner „Überlebensstrategie“.

Schocktrauma

Hierbei handelt es sich um ein singuläres massiv einschneidendes Ereignis wie z.B. ein gewalttätiger Angriff, eine Geiselnahme/Raubüberfall, Kriegserlebnisse, Entführungen, Terroranschläge, Folter, Naturkatastrophen. Aber auch lebensbedrohliche Unfälle, Krankheiten und Verletzungen die man selber oder auch an anderen Personen erlebt hat können einen Schockzustand auslösen. Diese negative Erfahrung wird im Gehirn als etwas Bedrohliches abgespeichert und es möchte uns fortan vor solch weiteren Erfahrungen schützen. Die Folge dessen ist eine innere Alarmbereitschaft, die sich häufig in innerer Unruhe und Anspannung zeigt. Die Stresstoleranz ist niedrig und durch Situationen, welche an das schreckliche vorausgegangene Ereignis erinnern (Trigger) kommt es zu Überreaktionen der Erregungs- und Sinneswahrnehmungen.

Wie läuft eine EMDR- Traumatherapie ab?

In einem geschützten Rahmen gehen wir deinem Trauma auf den Grund und schauen welche Situationen und Bilder, mit denen dazugehörigen belastenden Gefühlen, verarbeitet werden dürfen. Sinn dieser Therapie ist es, das traumatische Erlebnis von den belastenden Gefühlen zu entkoppeln. Diese Entkopplung erlaubt es dir besser mit deinen traumatischen Erinnerungen und dazugehörigen Gefühlen umzugehen. Die Voraussetzung einer EMDR Therapie, ist, dass du ausreichend emotional stabil bist, um diesen Weg zu deinen inneren Belastungen zu gehen. Ich entscheide, nach einer intensiven Anamnese, ob du emotional stark genug bist oder du vorab erst einige aufbauende (Verhaltens-) Therapiesitzungen (bzw. zusätzliche Stabilisierungssitzungen) brauchst, damit du dich genügend sicher und stabil fühlst. Der Ablauf sieht es vor, dass jeder Klient eine gewisse Grundstabilisierung braucht und daher ist eine ausreichende Stabilisierungsphase sehr wichtig. So kann eine „Überflutung“ mit deinen belastenden Erinnerungsmaterial verhindert werden. Nachdem du eine gute Grundstabilisierung hast beginnen wir mit der Desensibilisierung. Hier beginnt die kontrollierte Reise zu deinem Trauma. In dieser Phase wird die Trauma-Bearbeitung durch zusätzliche Augenbewegungen begleitet, während wir gemeinsam durch deine Erinnerungen gehen. (Diese Augenbewegungen entsprechen den Augenbewegungen, die wir im REM-Schlaf erleben. In den REM- Schlafphasen werden auf natürlichem Wege die Geschehnisse, das Erlebte des Tages verarbeitet.) Dieser Zweiklang aus Augenbewegungen und Erinnerungsarbeit zur gleichen Zeit ist das Merkmal der EMDR Therapie. Alle Missempfindungen zur erinnerten Situation sollten bei einem kompletten Abschluss der Sitzung verschwunden sein. Dies wir durch einen Körpertest überprüft.

Die Bearbeitung deines Traumas oder deiner belastenden Erinnerung erfolgt durch das Erinnern an das Erlebnis mit allen beteiligten Emotionen. Während dessen können deine belastenden Emotionen mittels geführten rhythmischen Augenbewegungen aufgelöst werden. Nach einer strukturierten therapeutischen Vorbereitung wirst du eine besonders belastende Phase deines traumatischen Erlebnisses gedanklich einfrieren. Dies geschieht durch bilaterale Stimulation, in Form von rhythmischen Fingerbewegungen. Die Fingerbewegungen werden, ca. in einem Abstand von 25-30 Zentimeter, vor deinem Gesicht erfolgen, während du den Fingern mit deinen Augen folgst, ohne deinen Kopf zu bewegen. In diesem Prozess der Verarbeitung gibt es immer wieder Pausen, um Platz und Raum für neu Aufkommendes zu schaffen.

Wie funktioniert EMDR?

Bei einem traumatischen Erlebnis ist es eine gesunde Überlebensstrategie die belastenden Erfahrungen in einem isolierten Erinnerungsnetzwerk erst einmal unverarbeitet zu speichern. Diese werden dann, später, nach eintreten von Entspannung und Ruhe, aufgearbeitet. Häufig passiert das in unserer REM-Phase des Schlafes. Dabei ist der Zugang zum unbewussten Nervensystem geöffnet und somit dem Gehirn die Verarbeitung der Erfahrungen möglich. Wenn aber, durch zu wenig Entspannung/Ruhe, das Gehirn das traumatische Erlebnis nicht auf natürlichen Weg und adäquat verarbeiten kann, können wir durch eine bilaterale Stimulierung (Augenbewegung) diesen Verarbeitungsprozess „künstlich“ einleiten. Die Augenbewegungen entsprechen den Augenbewegungen, die wir in der REM-Schlafphase erleben. Durch die gezielte Vorgehensweise der EMDR Therapie bekommen wir Zugriff auf das kognitive Erleben deines Traumas (Neuronen-Netzwerk). Es wird eine Art „Defragmentierung“ eingeleitet, welche es den Neuronen erlaubt sich neu anzuordnen – zu fragmentieren. Die Traumatherapie mit EMDR ermöglicht die Neuanordnung der Informationen deines traumatisierten, isolierten Neuronen-Netzwerkes. So können neue logische kognitive Erfahrungen auf einer Weise abgespeichert werden und diese Informationen können dann mit bestehenden positiven kognitiven Erfahrungen effizient in Austausch treten.